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Wer ein Netflix-Abonnement besitzt, kennt Erin Doherty mittlerweile. Diese 32 Jahre alte Schauspielerin ist tief im Gedächtnis geblieben für ihre Rolle als Briony Ariston, einer psychologischen Beraterin im Alter von 13 Jahren, bei Stephen Grahams erfolgreicher Serie "Jugend". In dieser Rolle spielt sie eine Klassenkameradin eines Jugendlichen namens Jamie Miller, der einen anderen Schüler ermordet hat. Nach einem Gespräch mit diesem jungen Mann, der infolge misogyner Hetze im Netz verwirrt war – seine sanfte Seite wechselte ständig mit wütenden Ausbrüchen auf, die an maskuline Aggression grenzten – brachte Dohertys Leistung am Ende sogar Zuschauer zum Frösteln. Ein Moment, während des Dialogs, wurde besonders emotional: Eine Träne rollte ihr übers Gesicht, was zeigt, wie sehr sie sich mit ihrer Rolle identifiziert hatte.

Die Szene mit dem Sandwich von Doherty zählt zu den herausragenden Szenen der vergangenen Jahre.

Das Sandwich, das sie Jamie gebracht und dem er bereits genascht hatte, schob sie schließlich mit einem leisen "Oh mein Gott!" voller Ekel von sich. Es trug noch immer Spuren des giftigen Gifts bösartiger Männerwelt. Der letzte stillen Augenblick in Episode 3 hallte wie ein ohrenbetäubender Schrei wider; jener Moment zählte zu den beängstigendsten Siegen, die man in den zurückliegenden Jahren miterlebt hatte.

Anstatt seines üblichen Stils würde Doherty gerne einmal eine musikalische Inszenierung umsetzen.

Stephen Graham, Co-Autor und Leiterproduzent von "Adolescence", hat Doherty, die im Jahr 2019 für ihre Rolle als Prinzessin Anne in "The Crown" berühmt geworden ist, bei "A Thousand Blows" unter Vertrag genommen. Es handelt sich um eine beeindruckende historische Drama-Serie, geschrieben vom Schöpfer von "Peaky Blinders", Steven Knight, welche momentan auf Disney+ verfügbar ist. In dieser Serie übernehmen beide wieder Hauptrollen: Graham verkörpert den Boxer Henry „Sugar“ Goodson, während Doherty die führerhaft agierende Mary Carr darstellt, die Anführerin der Forty Elephants – einer raffgierigen Bande von Frauenräubern.

In dem Moment, in dem die Menschen mich als etwas Bestimmtes wahrnehmen, möchte ich in die entgegengesetzte Richtung weitermachen.

Erin Doherty im "The Independent" bezüglich ihrer Bedenken hinsichtlich der Entscheidungen

Eine viel aktiveere Rolle möchte die Schauspielerin übernehmen, die keine Angst vor Grenzziehungen hat. Wie sie kürzlich der britischen Zeitung "The Independent" anvertraut hat: „Sobald sich Menschen etwas zu einem festlegt, bin ich dafür da, in die entgegengesetzte Richtung zu gehen.“ Ihr augenblicklicher Herzenswunsch ist es, eines Tages an einem Musical teilzunehmen.

"A Thousand Blows" lädt ein in das East End Londons während der 1880er Jahre – eine Gegend, geprägt durch soziale Benachteiligung, überbevölkerung und Schmutz, verschleiert hinter dem Rauch der Fabriken. In derselben Dekade machte dort auch der rätselhafte Serienkiller Jack the Ripper Jagd auf seine Opfer. In diese Umgebung gelangen Hezekiah Moscow (gespielt von Malachi Kirby) und sein Freund Alec (interpretierter von Francis Lovehall), zwei weitere Hauptfiguren des Geschichten. Hezekiah träumt davon, Lion-Tamer zu werden, landet aber stattdessen in der Boxbranche. Alec boxt ebenfalls und wird schließlich His Manager.

Beim ungeregelten Kampf im East End zeigte die Serie unverblümte Gewalt. Schläge ins Gesicht sowie harte Kopfnüsse waren zugelassen, Tritte in den Leib wurden geduldet. Inmitten dieser brutalen Auseinandersetzungen endeten gelegentlich Ohren oder Nasenteile zwischen den Zähnen der Kontrahenten. Einige der Boxer mussten sogar leblos vom Platz getragen werden.

Der muskelbepackte Sonny thront als König der Kämpfe und verweigert den fortschrittlichen Prinzipien des Sports, wie sie durch die modernen Queensberry-Regeln repräsentiert werden – eine Haltung, welche ihm von Mary vorgelebt wurde. Die Boxhandschuhe, die sie ihm gebracht hat, landen daraufhin im Fluss. Nachdem Hezekiah ihn schlägt, entfacht dies einen zauberhaften Wettkampf zwischen ihnen beiden.

Die Hauptfiguren aus dieser Dramaserie sind tatsächlich existent gewesen.

Diese fesselnde Serie hat tatsächlich lebendige Figuren, die von dem Autor Knight zusammen mit seinen Mitautoren zu Schicksalsgenossen gemacht wurden. Grahams Interpretation des "East London Gladiator", der im Verlauf der ersten Episode ins Visier der Kamera gerät, bringt eine Ähnlichkeit zum aufsteigenden Al Capone aus Martin Scorsescis Serie über die Zeit des amerikanischen Suffgesetzes "Boardwalk Empire" (2010–2014) hervor. In seiner Rolle als Goodson handelte es sich um einen Fuhrunternehmer, der Anfang der siebziger Jahre sein Geld damit verdiente, nebenher Boxkämpfe auszufechten und bereitet sich darauf vor, gegen jeden anzutreten.

Genau wie Hezekiah tatsächlich existierte, sind auch hier wieder die Informationen über ihn lückenhaft, besonders wenn es um Schwarze Figuren aus viktorianischer Zeit geht. Zwischen Mai 1882 und Beginn der neunziger Jahre erschien sein Name regelmäßig als Ching Gook in den Sportzeitungen, bevor er spurlos verschwand. Die Aussage darüber, dass er an der Niederschlagung des Aufstands in Morant Bay im Jahr 1865 teilgenommen hat, sowie seine angebliche Verbindung zu Mary Carr wurden beide erfunden. Das Einzige, was wir sicher wissen: Zu dieser Zeit wohnten sie beiden zeitweise im Londoner Stadtteil Elephant & Castle.

Jeder kann vom Boden aus stehlen. Es ist an der Zeit, dass wir von oben klauen.

Führungskraft Mary Carr in der Fernsehserie "A Thousand Blows"

Mary Doherty bildet den Mittelpunkt der Serie - diese Königin der Straße, die 1862 zur Welt kam, wurde Mitte 1870er Jahre wegen Diebes auf offentlichem Markt verurteilt, nachdem ihre Mutter gestorben war und ihr Vater, ebenfalls Einbrecher, spurlos verschwand. Als Blumenhändlerin im Covent Garden hatte Carr dank ihres Aussehens auch das Glück, für Künstler Model zu stehen.

Und sie übernahm die Führung der Elefanten in London. Ihr Verbreter-Credo in der Serie hat eine gesellschaftliche Note: "Jeder kann vom Boden aus rauben. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir von oben stehlen." Bereits in der ersten Scene erstrahlt das Spotlight auf Doherty, da ihre Mary fingiert Schwangerschaftskonzession simuliert, um ihrer Bande ausreichend Gelegenheit zu geben, einen noblen Kaufhof zu plündern.

Doherty stellt eine toughen Verbrecherin zur Heldenfigur auf.

Die "1000 Hiebe", die Sonny und Hezekiah im Boxring hinnehmen müssen, erlebt Mary auf den Straßen. Sie plant eine große Aktion, die kläglich fehlt. In ihrem letzten Auftritt, zum Abschluss der ersten Staffel (für die bereits eine zweite gefilmt wird), trifft sie ein vollkommen unerwarteter Schlag mit aller Wucht.

Hier rinnt ebenfalls eine Träne herab. Auch um uns herrscht Stille. Der Zuschauer atmet kaum, betet darauf hin, dass Mary wieder aufspringt. Dank Doherty: Er hat ein vollkommen amoralisches und daher verabscheuungswürdiges Bild in den Köpfen der Betrachter verändert, indem er sie zur Heldenfigur machte.

„Einhunderttausend Hiebe“, Staffel eins, sechs Folgen, die von Steven Knight geschrieben wurden und in denen Erin Doherty, Malachi Kirby, Stephen Graham, James Nelson-Joyce, Hannah Walters, Daniel Mays, Jason Tobin, Jemma Carlton sowie Ziggy Heath zu sehen sind. Morgan Hilaire (Streamprovider bei Disney+)

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